„Wat der Däiwel…?” ist der Podcast des Lycée Classique d‘Echternach, in welchem die Schüler*innen des LCE sich überwiegend mit aktuellen philosophischen, ethischen und politischen Fragen auseinandersetzen. Begleitet werden die Schüler*innen von mir, Thomas Koenig, Lehrer der Fächer Philosophie und Vie et société (VieSo).
Wie kam es zu der Idee?
Vor über 10 Jahren hat ein ehemaliger Schüler mich für seinen eigenen Podcast interviewt. Da mir die Erfahrung gut gefallen hat, haben wir ein paar weitere Episoden zusammen aufgenommen. Nach seinem Abitur zog er zum Studieren ins Ausland, so dass er erst einmal seinen Podcast aufs Eis legte. Ich habe vor 3 Jahren dann meinen eigenen Podcast gegründet, den Speakeasy Podcast Luxembourg, da mir das Medium „Podcast“ als eine gute Gelegenheit erscheint, um mit interessanten Menschen über interessante Themen zu diskutieren. Als Lehrer für Philosophie und VieSo stelle ich immer wieder fest, dass viele meiner Schüler*innen es nicht gewohnt sind, sich mit Leuten zu unterhalten, die andere Meinungen vertreten als sie. Oft trauen sie sich dann nicht, ihre Ideen zu äußern, oder sie wissen manchmal nicht, wie sie sich ausdrücken sollen. Dann kommt es zu unangenehmen Konfrontationen, und das Gespräch wird emotionsgeladen beendet. Dabei stehen dann nicht mehr die Argumente selbst im Mittelpunkt, sondern eher die Frage, wer wen persönlich angegriffen hat. Auch kann heutzutage jeder über die sogenannten „sozialen“ Medien seine Meinung in Form von Kommentaren und Posts mitteilen. Dennoch kommt es häufig dabei nicht zu konstruktiven Diskussionen, sondern eher zu Streitereien und sogenannten Shitstorms, was die argumentativen Fronten nur noch mehr verhärten lässt.
Es ist zudem oft schwierig, in einer knappen Unterrichtsstunde eine Diskussion oder ein „Streitgespräch“ auch sinnvoll zu Ende zu bringen. Bei einem Podcast hat man dieses Zeitproblem natürlich nicht. Da es meines Erachtens zu einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft gehört, dass man auch miteinander „streiten“ kann, ohne sich gleich gegenseitig zu beleidigen, kam mir die Idee, einen Podcast in der Schule ins Leben zu rufen.
Das Hauptziel des Podcast ist es, den Schüler*innen einen Ort zu bieten, an dem sie sich austauschen und ihre Meinungen miteinander konfrontieren können, um ihnen eine konstruktive Streitkultur näher zu bringen. Im Idealfall soll daraus ein Selbstläufer werden, das heißt die Schüler*innen ergreifen von sich aus die Initiative, schlagen Themen für die Diskussionen vor und gestalten den Podcast selbst, was momentan leider noch nicht immer der Fall ist.
Die Umsetzung
Ich stellte mein Projekt unserer Schuldirektion vor, und nach deren Zustimmung wurde dann das Material beschafft, wie ein Aufnahme-Gerät und einige Mikrophone. Schließlich galt es noch, einen Namen zu finden sowie die Intro-Musik für den Podcast zu komponieren. Der Kollege, der den Banner komponiert hat, spielt in einer Band namens „Der Däiwel“, und da „Wat der Däiwel…?“ ein Ausdruck des Erstaunens und der Überraschung ist, was ja laut Aristoteles der Anfang aller Philosophie darstellt, wurde dieser Name für das Projekt gewählt. Ich habe meinen Primaner*innen von meinem Projekt erzählt, und ein paar Schüler*innen waren daran interessiert, einen Beitrag zu leisten. Die erste Gruppe diskutierte das Thema Lebensmittelverschwendung, die zweite wollte das Thema Veganismus behandeln, da eine der Teilnehmerinnen vegan ist, und sich also schon bestens mit dem Thema auskannte. In einem weiteren Schritt bot ich den Podcast als „Options-Fach“ für das Schuljahr 2018-19 an, aber es fanden sich nicht genügend Schüler*innen, die mitmachen wollten. Viele wussten nicht, was ein Podcast ist, andere wiederum wollten nicht in einem öffentlichen Podcast im Internet zu hören sein. Auch wurden einige Schüler*innen vom Arbeitsaufwand abgeschreckt, da es trotzdem einige Vorbereitungsarbeit verlangt, wenn man einen interessanten Beitrag leisten will.
Während des Schuljahres 2018-19 zeigten aber immer wieder Schüler*innen Interesse daran, einen Podcast aufzunehmen. Dabei standen folgende Themen im Mittelpunkt:
- Das Abitur
- Wie ist es, wenn man durchgefallen ist?
- Diverse Projekte, die in der Schule stattfinden
- Streitgespräche über Wahlmanipulation in den Medien, Waffengesetze oder darüber, ob Elektro-Motoren umweltfreundlicher sind als Explositions-Motoren
Im Gespräch „Duerchgefall – an elo?” schilderten zwei Primaner*innen, welche ihr Abitur nicht bestanden haben, ihre Erfahrungen. Anschließend haben sie mit einem Mitglied unseres SSE darüber diskutiert, wie man das Beste aus der Situation machen kann, und wie man dieses „Unglück“ auch als Chance nutzen kann.
Es fanden sich auch ein paar ehemalige Schüler*innen, mit denen ich darüber diskutierte, was ihnen in der Schule gefallen hatte, welche Informationen sie in ihrem Lehrplan vermissten und welche Ratschläge sie anderen Schüler*innen mit auf den Weg geben würden. Die Themenfindung erfolgt im Moment noch nach Zufallsprinzip, das heißt falls im Unterricht ein Thema aufgeworfen wird, mache ich den Schüler*innen den Vorschlag, einen Podcast dazu zu machen. Die Initiative geht dabei – noch – oft von mir aus. Allerdings haben sich momentan einige Schüler*innen zusammengetan, um eine Interviewrunde mit allen ihren Lehrer*innen zu starten. Den Schwerpunkt wollen sie auf die Fragen „Wieso haben sie Ihr Fach studiert?” und „Was bringt diese Disziplin der Menschheit?” legen. Manche Themen bekomme ich aber auch von Kolleg*innen „zugeflüstert“.
Meine Schlussfolgerungen
Ich kann also nach 1 ½ Jahren nicht behaupten, dass ich meine Ziele erreicht hätte, aber dennoch merke ich, wie das Ganze so langsam ins Rollen kommt. Immer mehr Schüler*innen scheinen zu wissen, dass der LCE einen eigenen Podcast hat, und manche haben sogar schon vorgeschlagen mitzumachen. Auch wollen zwei Schüler, die letztes Jahr als Interviewer aufgetreten sind, dieses Schuljahr wieder in diese Rolle schlüpfen. Die meisten Rückmeldungen bekomme ich aber von Arbeitskolleg*innen. Ob dies daran liegt, dass ein Podcast als Medium nicht visuell genug ist, um Jugendliche anzusprechen? Oder ist es für meine Kolleg*innen bloß einfacher, mich anzusprechen? Dies ist jedenfalls eine Frage, die ich momentan noch nicht beantworten kann. Die ersten Schritte empfinde ich auf jeden Fall als erfolgreich, denn so zählt unser Podcast über 1‘000 Zuhörer*innen in einem Jahr, was meines Erachtens für einen Podcast in luxemburgischer Sprache, der zudem nicht auf bloßes Entertainment ausgerichtet ist, als schönes Resultat bezeichnet werden kann. Ich bin gespannt, wie das Projekt sich in den nächsten Jahren entwickeln wird.
Autor
Thomas Koenig, Lehrer für Philosophie und VieSo im LCE
So findet ihr den Podcast