Im September 2018 haben wir, das heißt eine Erzieherin und ein Erzieher im SSE, mit der Gestaltung unseres Jugendtreffs im Athénée du Luxembourg in Merl begonnen. Da das Konzept der Jugendarbeit in Schulen noch recht jung ist, war die Einführung des Jugendtreffs ein interessantes Experiment, das uns beiden ermöglichte, bisher verborgenes Potenzial und unentdeckte Wege in der erzieherischen Arbeit im klassischen Lycée zu entdecken. Dies aber nicht ohne Schwierigkeiten. Unter non-formaler Bildung wird üblicherweise freiwilliges und selbst gesteuertes Lernen außerhalb klassischer Bildungsinstitutionen verstanden. Die Schwierigkeit lag und liegt bei der Implementierung des Konzeptes (immer noch) darin, dass wir uns in einer klassischen Bildungsinstitution befinden, deren Methoden sich von der non-formalen Bildung stark unterscheiden. Das Konzept ist in der Schule recht neu, verlangt daher Anpassungsfähigkeit der Schüler*innen und des Lehrpersonals. Die Schwierigkeit kommt daher, dass beide Formen der Bildung einen Kontrast darstellen. Non-formale und formale, klassische Bildung ergänzen sich jedoch im Idealfall trotz Kontrast. Diese Ergänzung bildet auch den Fokus unserer Mission und stellt die Priorität in unserem Arbeitsalltag dar.
Der Jugendtreff soll ein Gleichgewicht herstellen, er soll den Jugendlichen Freiheitsraum geben und eine Plattform bieten, wo sie sich kennen lernen, austauschen, ausruhen, ausdrücken oder auch austoben können. Als Erzieher und Erzieherin in einer Schule versuchen wir, aktiv daran teilzunehmen und uns in „ihre Welt“ einzufinden um erzieherische Arbeit auf anderer Ebene anbieten zu können. Es gilt, dem Jugendlichen in der Schule einen Platz zu geben, ihm Möglichkeiten zu eröffnen, sich selbst zu entfalten und einzufinden in der Mikrodemokratie einer Schule. Die Schöpfung des Jugendtreffs sollte aus diesem Grund auch aus einer Zusammenarbeit und direktem Kontakt mit den Jugendlichen erfolgen. Das Schülerkomitee AL half uns dabei, die Interessen der Jugendlichen zu identifizieren und den Raum auch dementsprechend zu gestalten. Dafür wurden online-votings auf Plattformen wie Instagram oder Facebook genutzt. Entscheidend bei diesem Prozess war die Unterstützung der Direktion, die uns Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat, um unser Projekt durchzuführen.
„Den Treff“
Aktivitäten im Jugendtreff sowie außerhalb desselben entstehen in Zusammenarbeit mit den Schüler* innen und können unterschiedlicher Natur sein. Im Schuljahr 2018-2019 fanden im Rahmen des Jugendtreffs ein Spielkonsolenturnier, ein Lasergame-Turnier in Gasperich, ein Besuch im Kletterpark sowie ein Besuch beim Justizzentrum in Luxemburg statt. Dies sind alles Aktivitäten, die neben dem herkömmlichen Alltagsbetrieb innerhalb des Jugendtreffs laufen. Begibt man sich in den Mittagsstunden oder auch nach den Schulstunden in den Jugendtreff, so trifft man auf Schüler*innen unterschiedlichen Alters, die sich mit Gesellschaftsspielen, Spielkonsolen und Dokumentarfilmen beschäftigen oder sich ganz einfach auf der gemütlichen Couch, die ihnen zur Verfügung steht, unterhalten. Im Treff geht es auch darum, dass Schüler*innen selbst kreativ werden und Initiative ergreifen. Als Erzieherin und Erzieher schätzen wir es sehr, wenn Jugendliche Ideen hervorbringen, die wir unterstützen können. Wir wollen zusammen mit dem Jugendlichen den Arbeitskontext definieren.
Vor allem erzeugt dies eine demokratische Kultur innerhalb des Kreises, was die sozialen Kompetenzen fördert. Ziel ist es, zusammen zu entscheiden, zu planen, durchzuführen und zu evaluieren. Ein Beispiel dafür ist das Design des Jugendtreffs, welches anfangs als „blass“ bezeichnet wurde. Zusammen mit Schüler*innen einer 2ème E entstand daher die Idee, eine Wandmalerei zu gestalten.
Dank der guten Zusammenarbeit von Schüler*innen, dem Kunstprofessor und den Erzieher*innen ist das Projekt noch heute aktiv. Eine gesamte Klasse arbeitet an der Konzeption von Skizzen, die als Vorlage für die definitive Wandmalerei dienen werden. Vor allem gefällt uns daran, dass diese Skizzen auch als Evaluation für den Kunstunterricht dienen, ein gutes Beispiel für die Ergänzung zwischen formaler und non-formaler Bildung.
SSE und andere Akteure, Grenzen und Brücken
Die Arbeit, die durch den Jugendtreff ermöglicht wird, öffnet neue Wege in der Arbeit mit Jugendlichen an Schulen. Wir beide sind jeden Tag zu unterschiedlichen Zeiten im Jugendtreff anwesend. Meistens wird der Raum in den Mittagspausen oder auch nach der Schule besucht. Dies ermöglicht einen direkten Kontakt mit den Jugendlichen, und wir können somit Beziehungen aufbauen, die im rein formalen Rahmen der Schule nicht so entstanden wären. Der/Die Erzieher*in gestaltet mit den Schüler*innen zusammen deren Freizeit und hat somit einen anderen Zugang zur Persönlichkeit der Jugendlichen. Dank dieser Beziehung kann der/die Erzieher*in potenzielle Probleme identifizieren und, entweder selbst oder mithilfe anderer Akteure, den Schüler*innen zur Seite stehen. Psychologische Unterstützung besteht schon seit Jahren im Lycée. Trotzdem hilft die Beziehung, die der/die Erzieher*in zum Jugendlichen aufbaut, dabei, Brücken zu bauen und manchmal Verbindungen zu schaffen, die vielleicht durch Angst oder andere Einflüsse nicht entstanden wären. Auch Mediation spielt eine Rolle als Erzieher*in im Jugendtreff. Durch das gemeinsame Teilnehmen an Freizeitaktivitäten mit den Jugendlichen werden oft Konflikte sichtbar, die zwischen Lehrer*innen oder anderen Akteuren innerhalb oder außerhalb der Schule bestehen. Der/Die Erzieher*in bekommt somit die Möglichkeit, Konflikte zu entschärfen und hilft dem Jugendlichen bei der Bewältigung seiner Schwierigkeiten. Die Rolle der Erzieher*in und das Interagieren mit verschiedenen Akteuren kann aber auch zum Verhängnis werden. Oft können Interessenkonflikte entstehen zwischen Lehrer*innen, Schüler*innen und Erzieher*innen, die sehr situationsspezifisch angegangen werden müssen. Ein Beispiel dafür ist die Vorstellung einiger Lehrer*innen, die Erzieher*innen seien eine Art „Aufsicht“ oder „Autorität“, auf die Verlass ist, wenn es schwierige Situationen mit Schüler*innen gibt, die manchmal auch zu Sanktionierungen führen, was auch nicht unbedingt auszuschließen ist. Oft stoßen wir jedoch hierbei an unsere Grenzen und begeben uns in einen Rollenkonflikt, da wir ganz andere Verhältnisse mit Schüler*innen innerhalb des Jugendtreffs pflegen. Zusammengefasst gilt, dass die Arbeit als Erzieher*in in einem Lycée sehr spannend und bereichernd ist. Es sei jedoch auch gesagt, dass die Schule eine Mikrodemokratie ist, innerhalb welcher auch Politik betrieben werden muss. Es geht darum, seine Rolle als Erzieher*in zu valorisieren und sich Möglichkeiten zu schaffen, um innerhalb dieser Komplexität ein positives und produktives Arbeitsfeld zu schaffen.
Autoren
Soares Yann, Sabrina Leal